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Strategiegespräch mit dem Vorstand der PALFINGER AG

 

Herbert Ortner (Vorsitzender bis 31.12.2017)
Felix Strohbichler
Martin Zehnder

 

 

WO LIEGEN NACH SIEBEN REKORDJAHREN FÜR PALFINGER DIE GRENZEN DES WACHSTUMS?

 

Ortner: Man soll sich als Unternehmer keine Grenzen setzen, denn das Faszinierende ist, dass keiner weiß, was die Zukunft bringt – welche Märkte wachsen, welche schrumpfen oder gar verschwinden werden. Die Grenzen von PALFINGER sind nicht in Zahlen zu erfassen. Die Frage ist, ob es gelingt, die Weltmarktführerschaft zu halten oder auch auszubauen. Es gibt genügend Regionen und Produktbereiche, in denen PALFINGER noch nicht Nummer eins ist. Dort gibt es also Wachstumspotenzial.

 

 

WAS WAREN DIE GRUNDÜBERLEGUNGEN FÜR DIE NEUE STRATEGIE UND UNTERNEHMENSPLANUNG?

 

Zehnder: Es gibt zwei Fehler, die man als erfolgreiches Unternehmen machen kann: Entweder Sie leugnen aufgrund Ihrer Erfolge den Veränderungsbedarf, oder Sie verherrlichen in der aktuellen Aufbruchsstimmung das Disruptive, werfen das Bestehende über Bord und versuchen, das Rad neu zu erfinden. Wir waren im Vorstand der Meinung, dass wir für PALFINGER einen Mittelweg finden müssen. Dieser Mittelweg, der das Bestehende auf Neues vorbereitet und dies verbindet, zieht sich wie ein roter Faden durch unsere neue Vision, unsere Strategie und die strategische Unternehmensplanung bis 2022.

 

 

 

 

„Die Kundenähe ist von zentraler Bedeutung.“

 

Felix Strohbichler

 

 

 

 

WIE ERREICHEN SIE DIESE VERBINDUNG?

 

Strohbichler: Die Erfolgsfaktoren, die für PALFINGER bisher entscheidend waren, werden auch in Zukunft die wichtigsten Erfolgsfaktoren sein. Deshalb bleiben Innovation, Internationalisierung und Flexibilisierung auch weiterhin wesentliche Bestandteile von Vision und Strategie. Den neuen Herausforderungen in Zusammenhang mit der digitalen Transformation werden wir – unter dem Titel PALFINGER 21st – mit neuen Kompetenzen und Lösungen und neuen Geschäftsmodellen in Verbindung mit unseren Produkten begegnen.

 

Die Kundennähe ist von zentraler Bedeutung, um für den Anwender einen Mehrwert, einen zusätzlichen Nutzen zu schaffen. Es geht auch nicht nur um gute Ideen, wir müssen uns auf die beste Idee fokussieren und diese schnell und zielgerichtet umsetzen.

 

 

WIE WICHTIG IST PALFINGER 21st?

 

Strohbichler: PALFINGER 21st ergänzt als neue, vierte strategische Säule die drei bestehenden, Innovation, Internationalisierung und Flexibilisierung. PALFINGER Lösungen müssen auch in der digitalen Zukunft den Anforderungen unserer Kunden entsprechen.

 

Daher haben wir einen eigenen Bereich PALFINGER 21st mit entsprechenden Ressourcen geschaffen, um Innovationen außerhalb unserer Regelorganisation zu ermöglichen. Neuartige Entwicklungen benötigen andere Strukturen, in denen Dinge schnell vorwärts getrieben werden. Die bestehende Organisation ist hingegen auf Prozesstreue, Qualität und Planungssicherheit ausgerichtet.

 

Wir können in Zusammenhang mit Digitalisierung einerseits Produkte besser machen, wir werden aber möglicherweise auch disruptive Geschäftsmodelle in Verbindung mit unseren Produkten entwickeln, die wir heute so noch gar nicht sehen. Vielleicht auch Risiken in Chancen und Geschäftsmodelle ummünzen. Im Reporting wird der Bereich PALFINGER 21st als Teil des Bereichs HOLDING abgebildet.

 

 

 

 

„Wir dürfen nicht in digitaler Euphorie alles über Bord werfen, was uns bisher stark und erfolgreich gemacht hat.“

 

Martin Zehnder

 

 

 

 

WIE MUSS SICH PALFINGER VERÄNDERN, UM DER DIGITALEN TRANSFORMATION GERECHT ZU WERDEN?

 

Zehnder: Wir müssen agiler werden: agile Organisation, agile Strukturen, agiles Management. Es geht nicht darum, dass nur das Neue zählt. Wichtig ist eine rasche, aber sich fügende Verbindung und Ergänzung von bestehenden Strukturen, Prozessen und Produkten mit neuen Lösungen, neuen Sichtweisen und neuen Prozessen. Wir dürfen nicht in digitaler Euphorie alles über Bord werfen, was uns bisher stark und erfolgreich gemacht hat, sondern wir müssen auf dieser Basis zielgerichtet Neues entwickeln, testen und implementieren. Dabei wird auch Reibungsenergie entstehen, und es ist die Aufgabe der Managementteams, diese in effiziente Prozesse und Lösungen umzuwandeln. Das nennen wir agiles Management.

 

So wie wir auf der Produktebene unsere Lösungen auf Basis der bewährten Kompetenzen Mechanik, Hydraulik, Mechatronik mit digitalen Features zu smarten Produkten machen, werden wir bei der Gestaltung der internen Abläufe unsere bewährte Ordnung und Effizienz bewahren und um die Learnings aus PALFINGER 21st anreichern.

 

 

WIE KANN PALFINGER 21st ZUM ERGEBNIS VON PALFINGER BEITRAGEN? WAS BEDEUTET DAS FÜR – AUCH ZUKÜNFTIGE – MITARBEITER?

 

Strohbichler: Es muss allen klar sein, dass wir in den kommenden Jahren weiterhin mit unserem bestehenden Geschäft unsere Umsätze und Ergebnisse generieren werden. PALFINGER 21st ist im ersten Schritt eine Investition in die Zukunft. In diesem Bereich sollten neue Lösungen und Geschäftsmodelle entwickelt und zur Marktreife geführt werden. Danach werden diese Lösungen in die Segmente LAND und SEA eingesteuert.

 

Die Mitarbeiter sind auch zukünftig der entscheidende Faktor. Natürlich benötigen wir mehr Digital Natives und Mitarbeiter mit entsprechenden Kenntnissen. Aber die Fachkompetenz alleine macht nicht den Erfolg aus, mindestens ebenso entscheidend sind Soft Skills. Es ist die Kombination von Wissen, Erfahrung, Kommunikations- und Teamfähigkeit. Wir brauchen starke Persönlichkeiten, Mitarbeiter, die eigene Fehler und die der anderen akzeptieren und wegstecken können und durch das aus Fehlern Gelernte das Unternehmen voranbringen.

 

 

WAS ERWARTEN SIE SICH VOM ENTWICKLUNGSSTANDORT WIEN?

 

Zehnder: Unser Entwicklungsstandort in einem Wiener Innovation-Hub ist ein Bestandteil, der sich in das große Ganze fügt. Das ist ein starkes, weithin sichtbares Commitment, dass wir Neues entwickeln wollen. Wir sind dort gemeinsam mit anderen großen Industrieunternehmen in einem Zentrum der Startup-Szene angesiedelt, und wir werden von dem direkten Kontakt mit Talenten profitieren.

 

 

FÜRCHTEN SIE DISRUPTIVE ENTWICKLUNGEN ZUM NACHTEIL VON PALFINGER?

 

Zehnder: Ich sehe Disruption zunächst als Chance, nicht als Gefahr. Wir brauchen uns nicht davor zu fürchten. Disruption setzt Potenziale frei, die wir nutzen können. Natürlich wird es neue Mitbewerber geben, vor allem in einzelnen Nischen oder einzelne Technologien betreffend. Wir müssen darauf vorbereitet sein und selbst schauen, wie wir Chancen für uns nutzen können. Das ist die Strategie, die uns erfolgreich sein lässt.

 

 

 

 

„Ich gehe davon aus, dass wir aufgrund unserer starken Marktposition ein most-wanted Partner für solche Lösungen sein werden.“

 

Martin Zehnder

 

 

 

 

WELCHE DIGITALISIERUNGSTHEMEN SEHEN SIE IN DEN KUNDENBRANCHEN?

 

Zehnder: Daten sind ein großes Thema für unsere Kunden und unser Branchenumfeld. Das englische Wort „Digitisation“ heißt, Daten elektronisch zu sammeln. „Digitalisation“ ist die Entwicklung von Kundenmehrwert aus dieser Datensammlung. Dafür braucht es eine Big-Data-Strategie: Erstens müssen wir genau wissen, welche Daten unsere Produkte generieren sollen. Zweitens müssen wir diese Daten sammeln. Dazu müssen wir Konnektivität für alle Produkte und Lösungen herstellen. Drittens können wir schließlich aus unseren Daten neue Produkte und neue Dienstleistungen generieren, die für die Kunden und für uns Mehrwert schaffen. Das ist eine Kernaufgabe von PALFINGER 21st.

 

Wir werden aber auch sehen, dass unsere Datenstrategie äußeren Einflüssen unterliegt, dass zum Beispiel umfassende Branchenlösungen nach unseren Daten verlangen. Ich gehe davon aus, dass wir aufgrund unserer starken Marktposition ein most-wanted Partner für solche Lösungen sein werden. Dann haben wir auch die Chance, solche Plattformen mitzugestalten.

 

 

WIE ERHÖHEN SIE DEN KUNDENNUTZEN BEI NEUEN LÖSUNGEN? UND VERÄNDERN SICH NICHT AUCH DIE KUNDEN VON PALFINGER?

 

Zehnder: Wir haben schon bisher festgestellt, dass wir neuen Kundennutzen, den wir auch verkaufen können, nur durch Kundennähe erreichen. Wir müssen also insgesamt – nicht nur in PALFINGER 21st – näher an unsere Kunden heranrücken, um sie besser zu verstehen. Das ist ein wesentlicher Punkt für die Zukunft. In diese neue Kundennähe müssen wir auch unsere Händler miteinbeziehen.

 

Strohbichler: Ja, auch die Kunden verändern sich rasch und zum Teil umfassend. Dabei sprechen wir nicht nur von technologischem Wandel, sondern zunächst von Folgen der Branchenkonsolidierung, das Einkaufs- und das Nutzungsverhalten ändern sich. Um dem zu entsprechen, benötigen wir neue Strukturen, Schnittstellen und Angebote. Wir werden uns künftig in der gesamten PALFINGER Gruppe – so wie es im Marinebereich bereits der Fall ist – viel stärker nach Kundenbranchen ausrichten.

 

 

 

 

„Wir werden uns künftig viel stärker nach Kundenbranchen ausrichten.“

 

Felix Strohbichler

 

 

 

 

WELCHE INVESTITIONEN MÜSSEN MIT WELCHEN ZEITHORIZONTEN GETÄTIGT WERDEN, UM WETTBEWERBSFÄHIG ZU BLEIBEN?

 

Strohbichler: Wir werden überproportional in den Erwerb neuer Kompetenzen, also in PALFINGER 21st, investieren. Wir werden das durch Umschichtungen finanzieren und durch Einsparungen in unseren Prozessen. PALFINGER ist in den vergangenen Jahren stark gewachsen, und wir sehen substanzielle Synergie- und Ergebnissteigerungspotenziale, die wir durch Neuordnung und Prozessoptimierung erzielen können.

 

Wir schaffen jetzt die Strukturen, um die Zukunft zu gestalten. Dafür benötigen wir einerseits das Commitment und den Einsatz unserer Mitarbeiter, eine starke Unternehmenskultur und Werte, die gelebt werden. Andererseits bedarf es Investitionen, und wir werden natürlich auch Lernschleifen ziehen, bis wir die richtigen Ideen und Ansätze gefunden haben.

 

 

HERR ORTNER, SIE HABEN DIESEN WEG IN DIE ZUKUNFT VON PALFINGER ENTSCHEIDEND MITGESTALTET. WOHIN GEHT DIE REISE?

 

Ortner: Ich war 15 Jahre im Vorstand der PALFINGER AG, seit 2008, mit Beginn der Finanzkrise, als CEO. Ab dem Jahr 2010 stieg der Umsatz von PALFINGER wieder an, jedes Jahr aufs Neue. Auch die Profitabilität war rasch wieder auf einem guten Niveau. Das zeigt, dass unsere Strategie bisher erfolgreich war. Wir haben laufend Anpassungen gemacht, jetzt war es Zeit für eine größere Überarbeitung. PALFINGER ist mit seinen – jetzt vier – strategischen Säulen, mit dem Fokus auf die Kunden, mit den laufenden Initiativen und nicht zuletzt mit seinen motivierten Mitarbeitern sehr gut für die Zukunft aufgestellt. Ich wünsche meinen Vorstandskollegen Martin Zehnder und Felix Strohbichler und dem zukünftigen Vorstandsvorsitzenden viel Erfolg und werde die Entwicklungen natürlich weiter mitverfolgen.

 

 

 

WIR BEDANKEN UNS FÜR DAS GESPRÄCH.